Selbstzweifel

Heute ist Samstag und weil Viva mit Tina im Stall ist und der Knopf einen wunden Po hat, beschließe ich einen ausgiebigen Spaziergang allein mit Änny zu machen. Nur wir Zwei – das stärkt die Bindung und ich freue mich darauf, mal wieder in etwas höherem Tempo laufen zu können.

Auf unser Feld habe ich heute keine Lust, obwohl es schon in den Fingern juckt, der Besitzerin des jungen Jack-Russelterriers noch ein paar Takte zu sagen, die sich bei einer anderen Hundehalterin über mich beschwert hat: Sie hält es für eine Unverschämtheit, dass ich dort mit meinen behinderten Hunden spazieren gehe und tatsächlich Rücksicht erwarte.  Ist aber auch wirklich ein Ding, wenn ihr Hund Änny mehrfach ins Kreuz springt, ich ihr noch höflich erkläre, warum ich das nicht lustig finde und sie ihren Hund “der ja so schön spielt” erst an die Leine nimmt, nachdem ich ihm mehrfach die Grenze erkläre.  Als sie ihn stark am Halsband ruckt, kann ich mir den Hinweis auf die möglichen Gefahren nicht verkneifen, aber die Erklärung folgt auf dem Fuße: Im Geschirr merkt er den Leinenruck nicht und sie ist nur so in der Lage, ihn zu bändigen.

Gegenseitige Rücksichtnahme ist übrigens für uns andere Hundehalter dort eine Selbstverständlichkeit – nicht nur Behinderten gegenüber.

So ist unser Ziel heute die große Runde in Waltrop. Das schaffen wir 2 sicher locker in einer Stunde. Gut gelaunt packe ich Änny ins Auto und los geht es. Wir laufen den Weg zum Wald, durch den Wald und ich muss überlegen, ob wir an der richtigen Stelle links abbiegen. So oft bin ich hier noch nicht gewesen und mein Orientierungssinn gleicht nun einmal dem, einer Bockwurst. Und Änny frage ich lieber nicht, denn auch ihrem Orientierungssinn vertraue ich nicht wirklich. Da die Bäume bereits kahl sind, kann ich aber weit hinten die Kapelle entdecken, wir sind also richtig. Als wir auf dem Feldweg rauskommen, stockt Änny plötzlich. Ich locke sie, doch sie weigert sich weiterzulaufen. Ich gehe ein Stück voraus und rufe, doch Madame klemmt die Rute ein und bleibt stehen. Ich gehe auf sie zu und sie gibt Vollgas. Mit vor Angst hängenden Ohren, gekrümmten Rücken und eingeklemmter Rute läuft sie vor mir weg. So eine ähnliche Situation hatten wir vor einigen Tagen, als ich beim Spaziergang meine Zwerge etwas lauter angeraunzt habe. Ich versuche also ruhig zu bleiben, locke sie, aber nichts hilft. Sie hat Angst vor mir!  Ich werde langsam nervös und als sie über das Feld abhauen will, renne ich los. Mit einer Landung im Matsch, erwische ich sie irgendwann endlich und leine sie an. Ich versuche sie zu beruhigen, aber sie benimmt sich, als sei ich das Böse in Person! Sie wirft sich in den Dreck, steht nur auf, um einen vergeblichen Fluchtversuch zu starten und es gelingt mir nicht, sie zu beruhigen. Ich gebe alles, aber alles nützt nichts. Meine Gefühle schwanken zwischen Traurigkeit, Verzweiflung und allmählich auch Wut. Ich weiß mir nicht mehr zu helfen und klemme sie mir unter den Arm. Der Weg zum Auto ist noch sehr weit, aber wann immer ich sie wieder absetze, ist ihr einziger Gedanke: Flucht! Mit Tränen in den Augen und nass geschwitzt kommen wir dann eine gefühlte Ewigkeit später doch noch am Auto an. Ich bin fix und fertig – und sehr traurig.

Zuhause verschwindet Madame schnell in ihr Körbchen und schläft die Aufregung weg.  Ich komme den ganzen Tag nicht über das Geschehen hinweg und  verkünde, nie wieder mit diesem Hund raus zu gehen und denke sogar ernsthaft über eine Selbstanzeige beim hiesigen Tierschutz nach.

Tina und GöGa versprechen mir, am nächsten Tag mit den 3 Hunden zu gehen und für heute halte ich das für eine tolle Lösung!

 

 

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Eine Antwort auf Selbstzweifel

  1. Karin sagt:

    Hallo Petra, ich kann Deine Verzweiflung gut verstehen. Mehr als das, was Du gibst, kannst Du nicht geben und dann sowas….Laß es nicht zu sehr an Dich heran. Nehme Abstand. Du musst Dir immer wieder klar machen, dass Änny nicht mit normalen Maßstäben zu messen ist. Laß Dich mal drücken…Mensch…